Wie viel investieren wir in Menschen?

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Die Kirchgemeinde Gächlingen hat einen frechen Entscheid gefällt: Zwei Sonntage wurden als Gottesdienst der Kirchgemeinde ausgerufen –ohne Pfarrer im Programm. Mitarbeiterentwicklung geschieht auf ganz unterschiedliche Arten, wurde in Staffel 6 des Podcasts «Aufwärts stolpern» klar. Und manchmal geht es besser ohne Jugendarbeiterin.
Von Lukas Huber

 

Kirche besteht aus Menschen. Kirchenleitende stellen sich darum die Frage: Wie viel investieren wir in Menschen? Für Daniel Frischknecht in Episode 06-07 des LKF-Podcasts «Aufwärts stolpern» ist klar: Jede Kirchgemeinde braucht einen Mitarbeiterentwickler – eine Ansprechperson für alle Engagierten, die sie wahrnimmt, ihnen zuhört und sie fördert. Daniel Frischknecht hat dabei einen Trend festgestellt: Heute wollen Menschen mitarbeiten und dann gecoacht werden, sie wollen nicht zuerst in einen Kurs gehen und dann mitarbeiten.

Werner Näf hat in Episode 06-03 bekannt, dass er es als Pfarrer zuerst hat lernen müssen, ein gewisses Chaos in der Kirchgemeinde zuzulassen, wenn Menschen Verantwortung übernehmen sollen.

Von der Chance, dass Leiterförderung ein Selbstläufer wird, sprach Diana Abzieher in Episode 06-08 – wenn man ein Weiterbildungsmodul wie «Zusammen auf Kurs» über mehrere Jahre hinweg anbietet. Jugendlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern solle man das gleiche Gewicht geben wie Erwachsenen.

 

Investieren, wenn die Ressourcen fehlen

Co-Host Lukas Huber hat ein Paradoxon beobachtet: Ausgerechnet jene Kirchgemeinden sollten eigentlich gezielt Menschen schulen, denen die Ressourcen wegbrechen: Kirchgemeinden, die zum Beispiel keine Angestellten mehr finden, weil der Arbeitsmarkt ausgetrocknet ist.

Co-Host Anna Näf schildert eine weitere Beobachtung: Die Kirche versuche angesichts der Kirchenaustritte, sich bei den Noch-Mitgliedern in Erinnerung zu rufen statt in jene Menschen zu investieren, die sich engagieren wollten – dabei könnten ausgerechnet diese Mulitplikatoren der Idee sein, dass Kirche wichtig ist.

Die Delle im mittleren Alter

Wenn sich die reformierte Kirche dem Allgemeinen Priestertum verschrieben hat, bleibt die Frage, wen man für eine Mitarbeit gewinnen kann. Daniel Frischknecht hat schliesslich die Erfahrung gemacht, dass die Menschen im mittleren Alter am wenigsten Zeit und Kraft haben, sich zu engagieren. Kein Wunder, dass Diana Abzieher bei Kindern und Teenagern ansetzt.

Lukas Huber bringt die Buchbesprechung von Daniels Ims Buch «No Silver Bullets» in Episode 05-03 ins Spiel: Der Mensch lerne zu 10 Prozent durch formale Bildung, zu 20 Prozent durch Coaching und zu 70 Prozent durchs Tun. Pfarrerinnen und Pfarrer müssten darum den Mut finden, Leute machen zu lassen. Lukas Huber berichtet von seinem Studienurlaub letzten Herbst: Für diese Zeit habe er ein Gottesdienst-Team gefragt, ob sie den Gottesdienst ohne ihn gestalten. «Und nachher bin ich einfach nicht wieder eingestiegen.» Anna Näf hat das erlebt, als es darum ging, einen Jugendraum neu zu gestalten: «Ich konnte letztes Mal nicht dabei sein, und ich glaube, sie kamen viel schneller voran als wenn ich den Ton angegeben hätte.»

 

Zwei Gottesdienste ohne Pfarrer

Werner Näf in der Kirchgemeinde Gächlingen hatte dazu einen mutigen Vorschlag, erzählt Lukas Huber: Im Gottesdienst-Programm für 2024 wurden für zwei Gottesdienste einfach keine Pfarrperson bestimmt, sondern er habe der Kirchgemeinde gesagt, da müssten sie schauen, dass es ein guter Gottesdienst wird. Mindestens für den ersten der beiden hätten sich zwei Personen zusammengetan, berichtet Lukas Huber.

Zum Schluss der Episode geht es um die drei Ziele, die Lukas Huber verfolgt in der Jugendarbeit: Junge Menschen sollen geistlich wachsen und religiös sprachfähig werden, sie sollen in ihren Führungskompetenzen wachsen und im sonstigen Leben zu reifen Persönlichkeiten werden.

Die ganze Episode kann man hier nachhören